Martin Lindner feuilletoniert über den „Digitalen Klimawandel„:
… Nennen wir es die Infosphäre. Sie hat sich mit den digitalen Netz-Medien ganz grundlegend gewandelt. Früher gab es nur zweierlei: Mündliche Sprache, die einen Moment über den Köpfen schwebt und dann verpufft. Und die Schrift, gestellt und gedruckt, für sich stehend und auf Dauer berechnet. Das blieb so im letzten Jahrhundert, […]
Und jetzt eben der ganz große Bruch: Digitalisierung, Internet, sozialen Medien. Seitdem verdoppelt sich alle zwei Jahre die Menge der verfügbaren Information. Und sie ist nicht mehr eingeschlossen in Papierblöcken und Datenbanken, sondern liegt als Wolke in der Luft. Lauter kleine Mikroinformationsstückchen, die ständig in Bewegung sind. Zeichen wollen zirkulieren. Und was nicht im Umlauf ist, ist jetzt schon vergessen.
Das ist der Digitale Klimawandel, und er hat direkte und indirekte Folgen für alles, was mit Daten, Kommunikation und Wissen zu tun hat. Der Golfstrom fließt jetzt anderswo, im Netz, und in der alten Welt schmelzen die Gletscher: Unternehmen wie Siemens, die Universitäten, Verlage wie Suhrkamp, politische Parteien … Großstrukturen, die bisher stabil und selbstverständlich schienen, weichen auf und zerfallen.
Ja aber im Gegensatz zu dieser menschlichen Veränderung, wie wir miteinander umgehen, tötet der „normale“ Klimawandel. IMHO besteht ein kategorialer Unterschied zwischen dem Sterben von Printmedien und dem Absaufen von karibischen Inseln.